Falken vs. Tauben: Unterschiede in der Geldpolitik

Falkenhaft (hawkish) und taubenhaft (dovish) sind Begriffe, die es auf die eine oder andere Weise in die Schlagzeilen geschafft haben – insbesondere angesichts der zunehmenden Inflations- und Rezessionsängste der letzten Monate.

Vielleicht überraschend ist, dass diese beiden Begriffe verwendet werden, um die Haltung der Geldpolitiker einer der größten und einflussreichsten Zentralbanken der Welt – der US-Notenbank Federal Reserve – zu beschreiben. Doch was genau bedeutet eine falkenhafte bzw. taubenhafte Geldpolitik, worin unterscheiden sich die beiden Ansätze, und befinden wir uns derzeit in einem falkenhaften oder taubenhaften Marktumfeld?

Kurz gesagt (TL;DR):

• Falkenhaft bezeichnet eine Geldpolitik, die Zinserhöhungen bevorzugt, um die Inflation zu bekämpfen.

• Taubenhaft steht für eine Geldpolitik, die Zinssenkungen unterstützt, um die Wirtschaft anzukurbeln.

• Falkenhafte Mitglieder der US-Notenbank (Fed) werden als Falken, taubenhafte Mitglieder als Tauben bezeichnet.

• Zu den bekannten Tauben der Fed zählen etwa Neel Kashkari (Präsident der Fed Minneapolis), Mary Daly (Präsidentin der Fed San Francisco) und Michelle Bowman (Fed-Gouverneurin).

• Zu den Falken gehören unter anderem Robert Kaplan (ehemaliger Präsident der Fed Dallas).

Was ist die Federal Reserve?

Die Federal Reserve ist das Zentralbanksystem der USA und gilt als eines der bekanntesten und einflussreichsten Währungssysteme der Welt. Ihre geldpolitischen Entscheidungen haben erhebliche Auswirkungen auf die US-Wirtschaft im Besonderen und auf die globalen Finanzmärkte im Allgemeinen.

In den USA gibt es zwölf regionale Federal Reserve Banks, von denen jede für ein bestimmtes geografisches Gebiet zuständig ist. Sie überwachen die Geldpolitik, sorgen für finanzielle Stabilität und bieten Bankdienstleistungen an. Darüber hinaus trifft sich die Fed achtmal pro Jahr, um über Zinssätze und geldpolitische Anpassungen zu entscheiden. Diese Sitzungen sind für die Wirtschaft von großer Bedeutung und werden von Marktbeobachtern, Händlern und Verbrauchern gleichermaßen mit Spannung verfolgt.

Was bedeutet eine falkenhafte Politik?

Der Begriff falkenhaft (engl. hawkish) bezieht sich auf geldpolitische Entscheidungen der Federal Reserve, insbesondere wenn es um die Bekämpfung der Inflation geht – ein Thema, das in den letzten Monaten häufig die Schlagzeilen beherrschte. Im geldpolitischen Jargon ist ein Falke ein Entscheidungsträger der Federal Reserve, der Inflation durch höhere Zinssätze bekämpfen möchte. Diese Haltung erinnert an die Vorgehensweise vieler Zentralbanken – etwa der EZB, der Fed und der Bank of England – in den Jahren 2022 und 2023. Mit anderen Worten: Falken werden mit Raubvögeln verglichen, die für ihre Entschlossenheit und Aggressivität bekannt sind.

Was bedeutet eine taubenhafte Politik?

Im Gegensatz dazu bevorzugen Tauben oder geldpolitische Entscheidungsträger mit einer taubenhaften Haltung (engl. dovish) niedrigere Zinssätze, um die Geldmenge zu erhöhen.

Zudem setzen sich Tauben für hohe Beschäftigungsquoten und Wirtschaftswachstum ein.

Während Falken als „aggressiv“ gelten, stehen Inflationstauben für eine sanftere, wachstumsorientierte Politik – ähnlich wie ihre Namensgeber aus der Vogelwelt.

Beispiele für eine falkenhafte Politik 

Ein bekanntes Beispiel für den falkenhaften Kurs der Fed ist der geldpolitische Straffungspfad des Jahres 2022. Um die Rekordinflation einzudämmen, erhöhte die Fed im Dezember die Zinsen um 0,5 Prozentpunkte – auf das höchste Niveau seit 15 Jahren. Diese aggressive Zinserhöhungspolitik setzte sich im gesamten Jahr 2022 fort. Zudem deuteten Fed-Mitglieder an, dass weitere deutliche Zinserhöhungen in den kommenden Jahren erwartet werden. Falkenhafte Mitglieder der Fed werden oft als Falken oder Inflationsfalken bezeichnet. Zu den bekannten Falken zählen Esther George (Kansas City), Loretta Mester (Cleveland) und Raphael Bostic (Atlanta). 

Beispiele für eine taubenhafte Politik 

Während sich viele Marktteilnehmer eine taubenhaftere Haltung der Fed wünschen, stammt eines der bekanntesten jüngeren Beispiele nicht von der Fed, sondern von der Bank of Japan (BoJ). Während zahlreiche Zentralbanken – darunter auch die Fed – im Jahr 2022 mit Zinserhöhungen gegen die Inflation vorgingen, hielt die BoJ an ihrer ultrataubenhaften Politik mit extrem niedrigen Zinsen fest und setzte ihr Programm zur Steuerung der Zinskurve fort. Trotz der derzeit falkenhaften Haltung der Fed gelten einige Mitglieder als taubenhaft, darunter der ehemalige Fed-Gouverneur Ben Bernanke und die ehemalige Fed-Vorsitzende Janet Yellen, die beide für ihre Politik niedriger Zinssätze bekannt waren. Zu den heutigen eher taubenhaften Mitgliedern zählt James Bullard, Präsident der Fed in St. Louis.

Vorteile und Nachteile einer falkenhaften Politik

Die Vorteile einer falkenhaften Politik liegen darin, dass sie möglicherweise zu billigeren Importen und höheren Sparquoten führen und eine Eskalation der Inflation verhindern können 

Auf der anderen Seite werden die Falken oft für ihre Ansichten kritisiert, weil man glaubt, dass sie die wirtschaftliche Gesundheit gefährden, wenn sie die Zinssätze erhöhen. Mit anderen Worten, einige glauben, dass Falken die Zinssätze maximieren und die Beschäftigungsquoten und Verbraucherausgaben vernachlässigen, was zu Deflation führen und die Kreditkosten verteuern könnte.

Vorteile und Nachteile einer taubenhaften Politik

Einige bevorzugen eine taubenhafte Politik, da sie die Beschäftigung und das Wirtschaftswachstum ankurbeln kann. Auf der anderen Seite bringt dies jedoch das Risiko einer höheren Inflation mit sich. Der Grund: Tauben legen in der Regel mehr Wert auf Beschäftigung als auf Preisstabilität und entscheiden sich daher für niedrigere Zinssätze.

Können Falken auch Tauben sein?

Es ist zu beachten, dass Fed-Falken im Laufe der Zeit auch eine taubenhafte Haltung einnehmen können – und umgekehrt. Ein Beispiel ist der ehemalige Fed-Vorsitzende Alan Greenspan, der 1987 als falkenhaft galt, im Laufe der Zeit jedoch zunehmend taubenhafter wurde. Auch viele andere, darunter der derzeitige Fed-Vorsitzende Jerome Powell, gelten als Zentristen, die je nach Wirtschaftslage zwischen beiden Ansätzen abwägen. (Quelle: Investopedia)

Fazit

Während viele davon ausgehen, dass sich die Fed allmählich von ihrer berüchtigten falkenhaften Haltung entfernt, sind andere der Meinung, dass dieser Kurs wahrscheinlich noch bis zum Ende des Jahres anhalten wird. Ob die Fed ihre geldpolitische Straffung tatsächlich lockern wird, bleibt jedoch abzuwarten. Händler und Investoren müssen wohl abwarten, welche Entscheidungen die Notenbank in ihren kommenden Sitzungen dieses Jahres trifft.

*Frühere Wertentwicklungen sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse.